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Montag, 22. Februar 2010

SGB II: Umgangsrecht erhöht Wohnraumbedarf

Ein Empfänger von Leistungen nach dem SGB II kann Anspruch auf zusätzlichen Wohnraum haben, wenn er nach der Trennung und dem Auszug des Ehepartners und der gemeinsamen Kinder weiterhin in der bisherigen Wohnung lebt und dort sein Umgangsrecht ausübt.

Dies hat kürzlich das Sozialgericht Fulda im Urteil vom 27.01.2010 entschieden. In dem Verfahren hatte der beklagte Landkreis dem Kläger als Empfänger von SGB II-Leistungen lediglich noch Unterkunfts- und Heizkosten für eine Person bei einer Wohnraumgröße von 45 qm bewilligt, nachdem die Ehefrau (Kindesmutter) mit den gemeinsamen zwei Kindern aus der größeren Wohnung (86 qm) ausgezogen war.
Hiergegen wehrte sich der Kläger und erhob Klage. Bei der Ausübung des Umgangsrechts war mit der Kindesmutter vereinbart worden, dass der Kläger die Kinder jeweils an drei Wochenenden im Monat zu sich nimmt; daneben sollten sie die Osterferien, die erste Hälfte der Sommerferien in jedem zweiten Jahr und die Weihnachtferien bei dem Kläger verbringen.
Das Sozialgericht Fulda gab dem Kläger Recht und verurteilte den beklagten Landkreis dazu, die tatsächlichen Unterkunfts- und Heizkosten zu gewähren. Es begründete seine Entscheidung damit, dass die verwandtschaftlichen Beziehungen nicht ungehindert aufrecht erhalten werden könnten, wenn die Kinder ihre Aufenthalte in beengten Wohnverhältnissen verbringen müssten.

Hierdurch sei die Ausübung des Umgangsrechts gefährdet und die durch Art. 6 Abs. 1, 2 Grundgesetz geschützte Lebens- und Erziehungsgemeinschaft nicht mehr gewährleistet. Aus diesem Grund müsse sicher gestellt werden, dass den Kindern während ihrer Aufenthalte bei einem Elternteil ausreichender Wohn- und Lebensraum zur Verfügung stehe. Aufgrund der zum Umgangsrecht getroffenen Regelung berücksichtigte das Sozialgericht Fulda für jedes Kind den hälftigen zusätzlichen Wohnflächenbedarf, insgesamt weitere 15 qm zu den bisher anerkannten 45 qm. Da der beklagte Landkreis kein zureichendes Konzept vorlegen konnte, um die angemessenen örtlichen Kosten der Unterkunft bei 60 qm Wohnfläche zu ermitteln, und die tatsächlichen Kosten nicht evident zu hoch waren, waren von ihm die tatsächlichen Kosten für 86 qm zu erstatten. Auch die Heizkosten mussten im konkreten Fall in voller Höhe übernommen werden (Rechtsmittelfrist läuft).
Sozialgericht Fulda, Urteil vom 27.01.2010, Az.: S 10 AS 53/09 nicht rechtskräftig
Quelle: Sozialgericht Fulda - Pressestelle

Samstag, 20. Februar 2010

Tolle Satire zu Hartz IV Kritik an FDP und SPD

Ein tolle Satire von der ZDF Mediathek.

Sonderbedarf bei ALG II

Hartz IV: Sonderbedarf bei ALG II

Hartz IV Sonderbedarfe zusätzlich zum regulären ALG II Regelsatz

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Urteil vom 09 Februar 2010 u. a. entschieden, dass im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II (Hartz IV) neben den durchschnittlichen Bedarfen, die mit der ALG II Regelleistung abgedeckt sind, auch unabweisbare, laufende, nicht nur einmalige besondere Bedarfe, die in atypischen Lebenslagen anfallen, zu decken sind. Bis zur Schaffung einer eigenen Rechtsgrundlage im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch hat das BVerfG angeordnet, dass sich der Anspruch direkt aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG ergibt. Ein Verweis auf Leistungen nach § 73 SGB XII ist nicht mehr zulässig. Bei einem „Sonderbedarf“ handelt es sich nicht um einmalige oder kurzfristige Bedarfsspitzen, die durch ein Darlehen nach § 23 Abs. 1 SGB II aufgefangen werden können (z.B. Brillen, orthopädische Schuhe, Zahnersatz).

Atypische Bedarfe, die nicht zum Lebensunterhaltsbedarf des SGB II gehören, sind über die Härteklausel zu decken , soweit die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind. Dies entspricht der Vorschrift des § 73 SGB XII. Folgende Hartz IV Sonderbedarfe können zusätzlich beantragt werden

Nicht verschreibungspflichtige Arznei-/HeilmittelBei bestimmten besonderen – auch chronischen – Erkrankungen werden laufend Arznei- bzw. Heilmittel zur Gesundheitspflege benötigt, die oft nicht verschreibungspflichtig sind (z. B. Hautpflegeprodukte bei Neurodermitis, Hygieneartikel bei ausgebrochener HIV-Infektion); die Kosten werden daher nicht von den Krankenkassen übernommen. Der in der Regelleistung enthaltene Anteil für die Gesundheitspflege deckt die durchschnittlichen Kosten ab. Der Sonderbedarf ist hier im eng begrenzten Ausnahmefall in Höhe des nachgewiesenen krankheitsbedingten Bedarfs an Arznei-/Heilmitteln zu gewähren. Zu der Frage, ob der Bedarf unabweisbar ist, genügt in der Regel ein Nachweis durch den behandelnden Arzt. In Zweifelsfällen ist der Ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit oder das Gesundheitsamt einzuschalten.

Putz-/Haushaltshilfe für RollstuhlfahrerRollstuhlfahrer können aufgrund der eingeschränkten Bewegungsfreiheit gewisse Tätigkeiten im Haushalt nicht ohne fremde Hilfe erledigen. Soweit ihnen keine anderweitige Unterstützung, z. B. durch Angehörige, zur Verfügung steht, besteht zur Sicherung eines menschenwürdigen Daseins ein laufender Bedarf an einer Haushalts- bzw. Putzhilfe, der als Sonderbedarf in erforderlichem Umfang zu übernehmen ist.

Kosten zur Wahrnehmung des UmgangsrechtsEntstehen einem geschiedenen oder getrennt lebenden Elternteil regelmäßig Fahrt- und/oder Übernachtungskosten aufgrund der Wahrnehmung des Umgangsrechts mit seinen Kindern und können diese nicht aus evtl. vorhandenem Einkommen, der Regelleistung oder Leistungen Dritter bestritten werden, können diese in angemessenem Umfang übernommen werden. Dies gilt für die Kinder entsprechend, soweit den Kindern an Stelle ihrer Eltern Kosten entstehen. Bei der Prüfung der Angemessenheit ist zu berücksichtigen, dass bereits nach der Rechtsprechung des BSG keine unbeschränkte Sozialisierung der Scheidungsfolgekosten möglich ist.

Eine Leistungsgewährung kann deshalb bei außergewöhnlich hohen Kosten ausscheiden bzw. erheblich eingeschränkt werden. Die Grundsicherungsstellen müssen daher das Umgangsrecht nicht notwendigerweise in dem Umfang finanzieren, in dem die Eltern das Umgangsrecht vereinbart haben. Eine Übernahme der Kosten scheidet aus, wenn eine Umgangsrechtsvereinbarung der Eltern missbräuchlich dazu genutzt werden soll, dass der – nicht hilfebedürftige – sorgeberechtigte Elternteil seine Unterhaltspflicht teilweise auf die Grundsicherungsstelle verschiebt (z. B. Der allein sorgeberechtigte Vater ist nicht hilfebedürftig.

Nach einer Vereinbarung mit der hilfebedürftigen umgangsberechtigten Mutter verbringen die Kinder dennoch die meiste Zeit bei ihrer Mutter, was dazu führt, dass während der Besuchszeiten für die Kinder Leistungen nach SGB II nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen zur temporären Bedarfsgemeinschaft erbracht werden müssen und die Kinder daher überwiegend Leistungen nach SGB II erhalten – vorbehaltlich eines Anspruchsübergangs nach § 33 SGB II). Nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 25 Oktober 1994, Az.: 1 BvR 1197/93) verlangt Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, dass von vornherein alle das Eltern-Kind-Verhältnis bestimmenden Umstände (wie einverständliche Regelung, Alter und Zahl der Kinder) in Betracht gezogen werden, um das erforderliche Maß des Umgangs festzustellen.

Die Grundsicherungsstellen dürfen demnach nicht pauschal annehmen, dass ein einmaliger monatlicher Besuch des Kindes in der Regel ausreichend ist. Es ist zudem zu prüfen, ob die durch den Umgangsberechtigten geltend gemachten Kosten vermeidbar sind. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn das Kind alt genug ist, um den umgangsberechtigten Elternteil ohne (dessen) Begleitung besuchen zu können. Bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen können Fahrtkosten nur in Höhe der Kosten für die jeweils preisgünstigste zumutbare Fahrgelegenheit übernommen werden. Die Fahrten müssen zudem auch tatsächlich Besuchszwecken dienen. Sofern das Kind bzw. der mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende Elternteil keine Leistungen nach dem SGB II bezieht und der Umgangsberechtigte aufgrund eines Unterhaltstitels Unterhalt zahlt, kann zur Eigenfinanzierung der Fahrtkosten auch eine Aufforderung zur Abänderung des Unterhaltstitels (Erhöhung des Selbstbehalts bzw. Minderung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens) in Betracht kommen. Im Rahmen des dem Unterhaltspflichtigen zustehenden Selbstbehalts sind grundsätzlich die mit dem Umgang verbundenen Kosten des umgangsberechtigten Elternteils enthalten, soweit es sich um Fahrtkosten im Bereich überschaubarer Entfernungen handelt.


NachhilfeunterrichtKosten für Nachhilfeunterricht können in der Regel nicht übernommen werden. Vorrangig sind schulische Angebote wie Förderkurse zu nutzen. Sie können nur im besonderen Einzelfall gewährt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass es einen besonderen Anlass gibt, z.B. langfristige Erkrankung, Todesfall in der Familie. Zudem muss die Aussicht auf Überwindung des Nachhilfebedarfes innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten, längstens bis zum Schuljahresende bestehen.

Sonstige FälleDie vorstehende Aufzählung ist nicht abschließend. In Umfang und Ausmaß vergleichbare Fälle können ebenfalls unter die Härteklausel fallen. Auf die Literatur und Rechtsprechung zu § 73 und § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII kann Bezug genommen werden.

In den folgenden Fallgestaltungen besteht kein zu übernehmender Sonderbedarf i. S. des Urteils:
Die Praxisgebühr
Die Gebühr ist aus der ALG II Regelleistung zu finanzieren.

Schulmaterialien und SchulverpflegungDiese Kosten sind in der Regelleistung enthalten. Die Schulmaterialien sind zusätzlich über die Leistung für die Schule gemäß § 24a SGB II abgedeckt. Die Grundausstattung, die zu Beginn eines Schuljahres anfällt, sollte grundsätzlich über diese Leistung bestreitbar sein; weitere Schulmaterialien sind aus der Regelleistung zu finanzieren.

Bekleidung/Schuhe in ÜbergrößenNotwendigkeit und Angemessenheit können in der Regel nicht beurteilt werden. Der Hilfebedürftige kann diesen Bedarf grundsätzlich aus der Regelleistung decken. Ggf. kommt ein Darlehen in Betracht.

Krankheitsbedingter ErnährungsaufwandDieser Aufwand ist entsprechend der Entscheidung des BVerfG und den dort in Bezug genommenen Empfehlungen des Deutschen Vereins kein atypischer Bedarf, sondern kann im Rahmen der Vollkost zur Deckung des physischen Existenzminimums aus dem ALG II Regelsatz ausreichend gedeckt werden.

Wichtig ist noch zu beachten: Der Anspruch auf einen derartigen „Sonderbedarf“ entsteht nach der Entscheidung des BVerfG erst, „wenn der Bedarf so erheblich ist, dass die Gesamtsumme der dem Hilfebedürftigen gewährten Leistungen – einschließlich der Leistungen Dritter und unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten - das menschenwürdige Existenzminimum nicht mehr gewährleistet“. (19.02.2010)

Quelle: http://www.gegen-hartz.de/

Mittwoch, 17. Februar 2010

Mehr als elf Millionen Deutsche unter der Armutsschwelle

Alarmierende Studie zur Einkommensverteilung: Mehr als elf Millionen Deutsche leben laut einer neuen Erhebung des Wirtschaftsinstituts DIW unter der Armutsschwelle - rund ein Drittel mehr als vor zehn Jahren. Vor allem junge Leute und Familien sind betroffen.
Berlin - Es sind bedenkliche Zahlen, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) an diesem Mittwoch vorgelegt hat: Rund 11,5 Millionen Deutsche lebten einer aktuellen Erhebung zufolge im Jahr 2008 in Armut. Das entspricht gut 14 Prozent der Gesamtbevölkerung - und damit rund einem Drittel mehr als vor zehn Jahren.

Grundlage der DIW-Erhebung sind Daten des sogenannten Sozio-ökonomischen Panels (SOEP), eine seit 25 Jahren laufende Langzeitbefragung von mehr als 10.000 privaten Haushalten. Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens seines Landes zur Verfügung hat; so hat es die Europäische Kommission festgelegt. Der DIW-Studie zufolge sind vor allem junge Erwachsene von Armut betroffen. Unter den 19- bis 25-Jährigen hätten 2008 knapp ein Viertel unter der Armutsschwelle gelebt. Die DIW-Forscher machen dafür vor allem drei Gründe aus:

  • Die Dauer der Ausbildung und der Anteil der Hochschulabsolventen haben zugenommen, was den Einstieg ins Berufsleben verzögert.
  • Viele Berufsanfänger steigen über schlecht bezahlte Praktika und prekäre Arbeitsverhältnisse ins Arbeitsleben ein.
  • Schließlich gibt es einen Trend, das Elternhaus früher zu verlassen.
Eine zweite Risikogruppe sind größere Familien. Für Familien mit drei Kindern liegt die Armutsgefahr laut der Studie bereits bei knapp 22 Prozent, bei vier Kindern und mehr sogar bei 36 Prozent. Bei Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern liegt die Armutsrate demnach bei mehr als 40 Prozent. "Gegenüber 1998 ist das Armutsrisiko kinderreicher Haushalte beträchtlich gestiegen", sagte Joachim Frick, Co-Autor der Studie, "obwohl der Ausbau der Kinderbetreuungsplätze und das Elterngeld diese Entwicklung bereits entlastet haben."
Quelle: Spiegel.de

Freitag, 12. Februar 2010

Was sind unabweisbare,atypische immer wieder kehrende Bedarfe ?

Bundesverfassungsgericht schafft Anspruchsgrundlage für laufende atypische Bedarfe

Die mit Spannung erwartete Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Regelsätzen (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09) hat bei den Leistungsbeziehern allgemein Enttäuschung hervorgerufen. Die Hoffnung vieler, das Bundesverfassungsgericht werde die Regelsätze zumindest für Kinder als zu niedrig ansehen und eine sofortige oder rückwirkende Erhöhung anordnen, wurden enttäuscht. Dennoch ist das Urteil nicht ganz ohne unmittelbaren positiven Nutzen. Denn eine Anordnung hat das Bundesverfassungsgericht nun doch getroffen.

Zumindest einige wenige Leistungsbezieher können unmittelbar von dem Urteil profitieren. Das Bundesverfassungsgericht hat nämlich nicht nur zu den Regelsätzen Stellung genommen, sondern auch zum laufenden Sonderbedarf.

Dieser war früher in § 22 Abs. 1 S. 2 BSHG geregelt und wurde in § 28 Abs. 1 S. 2 ins SGB XII übernommen, nicht jedoch ins SGB II.

Das Bundesverfassungsgericht hält aber eine dem § 22 Abs. 1 S. 1 BSHG entsprechende Regelung im SGB II offensichtlich für zwingend notwendig. Dies ergibt sich aus folgender Aussage in der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts:

„Der Gesetzgeber hat bei der Neuregelung auch einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarfs für die nach § 7 SGB II leistungsberechtigten vorzusehen, der bisher nicht von den Leistungen nach § 20 ff. SGB II erfasst wird, zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums jedoch zwingend zu decken ist.”

Besonders interessant und für Betroffene äußerst hilfreich ist, dass das Bundesverfassungsgericht bezüglich dieses atypischen Bedarfs dem Gesetzgeber nicht nur aufgegeben hat, bis Ende 2010 eine Neuregelung zuschaffen, es hat – anders als bei den Regelsätzen – einen direkten Anspruch auf atypische Bedarfe aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG hergeleitet.

Hierzu heißt es in der Pressemitteilung: „Bis zur Neuregelung durch den Gesetzgeber wird angeordnet, dass dieser Anspruch nach Maßgabe der Urteilsgründe unmittelbar aus Art. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG zu Lasten des Bundes geltend gemacht werden kann.”

Wer kann nun was geltend machen?

Geltend gemacht werden kann ein atypischer Bedarf (d.h. ein Bedarf, der nicht von der Regelleistung gedeckt ist, sofern dieser 1. unabweisbar und 2. laufend (also nicht nur einmalig) ist. (Für einmalige Überschreitungen kommt nach wie vor nur ein Darlehen gem. § 23 Abs. 1 SGB in Betracht.)

Damit fällt die neue Waschmaschine nicht unter atypische Bedarfe, da es sich nicht um einen laufenden Bedarf handelt.

Auch Reitstunden werden von der ARGE nicht bezahlt, da sie keinen unabweisbaren Bedarf darstellen.

An die abweichende Bemessung zugunsten des Hilfesuchenden werden allerdings hohe Anforderungen gestellt. Die pauschale Behauptung, es entstünden Mehrkosten reicht nach bisheriger Rechtsprechung zu § 28 Abs. 1 S. 2 SGB XII und der Vorgängerregelung § 22 BSHG nicht aus. (zum BSHG schon: OVG Münster, FEVS 43, 372; 376). Zunächst einmal muss der Leistungsberechtigte explizit darlegen, dass der von ihm geltend gemachte atypische Bedarf durch die Regelleistung nicht gedeckt ist. Dies ist am ehesten möglich, wenn der Bedarf nicht unter die Bedarfsgruppen der Regelsatzverordnung fällt. Der Hilfesuchende muss darlegen, dass der geltend gemachte zusätzliche Bedarf durch die Bedarfsgruppen nicht erfasst wird.

Geltend gemacht werden können jedoch aller Voraussicht nach folgende Kosten:

Da die Regelsätze keine Ausgaben für Bildung vorsehen, können Bildungsbedingte Kosten wohl am ehesten als atypischer Bedarf geltend gemacht werden.

Unter der Geltung des § 22 BSHG bzw. für § 28 SGB XII wurden folgende atypische Bedarfe anerkannt:

Kosten für die Ausübung des Umgangsrechts des nicht mit den Kindern in einem Haushalt lebenden Elternteils (anders noch BSG 7.11.2006 BeckRS 2007 40592) oder für den Besuch des inhaftierten Ehemannes ( vgl. Grube/Wahrendorf, SGB XII,§ 28 Rn. 13), Kosten für Kleidung in Über- oder Untergrößen, (BT-Drs. 15/1514, 59). Ein besonders hoher Energieverbrauch für Haushaltsenergie (OVG Münster FEVS 51, 89), sofern die Energiekosten nicht gesenkt werden können bzw. die Besonderheiten des Einzelfalles den hohen Energieverbrauch notwendig machten.

Je nach Notwendigkeit könnten möglicherweise auch atypische Kosten für Körperpflegemittel (Hautcreme, Kontaktlinsenflüssigkeit) etc. übernommen werden, wenn der Leistungsberechtigte die Notwendigkeit nachweist.

Für alle die atypische Mehrbedarfe haben bedeutet dies, dass sie einen formlosen Antrag an die ARGEN bzw. kommunalen leistungsträger stellen und sich dabei auf das neuerliche Urteil des Bundesverfassungsgerichts berufen sollten. Es wird aber wohl einige Klageverfahren geben müssen, bevor die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts von den Leistungsträgern auch umgesetzt werden.

Dr. Alexandra Unkelbach
(Rechtsanwältin) Bonn

Quelle: www.tacheles-sozialhilfe.de

Dienstag, 9. Februar 2010

Hartz IV Sätze müssen neu berechnet werden

Das heute, am 09. Februar 2010 verkündete Urteil des Bundesverfassungsgerichtes besagt zusammengefasst folgende 3 Dinge:

  • Die Regierung muss bis zum Ende des Jahres eine statistische Methode entwickeln, mit der der existenzsicherende Bedarf  von Erwachsenen und Kindern tatsächlich und überprüfbar ermittelt werden kann.
  • Die Regelsätze sind nicht aufgrund der Summe zu niedrig. 
  • Menschen mit besonderem Bedarfen (Krankheit, Behinderung) muss absofort ein entsprechender existenzsichernder Betrag gezahlt werden. Dies ist ab sofort einklagefähig.
  • Da das BVerfG keine Aussage über die konkrete Höhe der Regelleistungen macht, werden Widersprüche gegen die Höhe der Leistungen aus der Vergangenheit wohl wenig erfolgversprechend sein.
Der ganze Wortlaut des Urteils kann hier gelesen werden. 

Samstag, 6. Februar 2010

Die wichtigsten Urteile zu Hartz IV zum Download

Die wichtigsten Urteile aus dem Jahr 2009 finden sich kommentiert hier zum Download.

Donnerstag, 4. Februar 2010

Fahrtkostenerstattung auch unter 6 Euro

Es ist scheinbar nach wie vor zu wenig bekannt: Wenn ALG-II-Empfänger zu Meldeterminen vorgeladen werden, kann die Behörde die notwendigen Fahrtkosten erstatten. Dabei gibt es keine Bagatellgrenze, also auch Fahrtkosten unter 6 Euro sollen erstattet werden. Das jedenfalls hatte das Bundessozialgericht (BSG) entschieden. Danach sollen die Ämter berücksichtigen, dass bei ALG II nur ein Betrag von weniger als 20 Euro im Monat, also weniger als 1 Euro am Tag, für die Teilnahme am Verkehr zur Verfügung steht. "Eine Ablehnung der Kostenübernahme wird danach gegenüber Leistungsempfängern nach dem SGB II regelmäßig nicht in Betracht kommen," entschieden die Bundesrichter.

Eine Ausnahme wäre nur bei besonders geringen Kosten vorstellbar. Die können in einem Sammelantrag zusammengefasst werden. In dem Urteil ging es um etwa 3,50 Euro je Termin, das war nach Ansicht des Gerichts jedenfalls zu hoch. In den letzten Jahren wurde vermutlich in Millionen von Einzelfällen die Kostenübernahme verweigert. Wer davon betroffen war, kann immer noch einen Antrag auf nachträgliche Erstattung stellen. Und: Bei künftigen Terminen immer gleich den Sachbearbeiter fragen, wie die Kosten zu beantragen sind bzw. ausgeglichen werden. (03.02.2010, Erwerbslosen INI)

Montag, 1. Februar 2010

Verbot von Hausbesuchen

kopiert von der Seite des Erwerbslosenforums

Hausbesuche … auch gegen ungebetene Hausbesuche, kann man sich wehren.

Für die Besuche – welche vom Amt durchgeführt werden - muss ein zu begründender Verdacht auf Leistungsmissbrauch vorliegen.

Die Ämter könnten zwar zum Hilfeempfänger kommen, jedoch nur nach vorheriger Terminabsprache bei Beantragungen von Sachleistungen - aber - wenn das Amt einfach so kommt, sofort ablehnen, um erneuten Termin bitten, mit dem Hinweis, dass man Beistände hinzuziehen will, was nach § 13 SGB X erlaubt ist und von den Ämtern geduldet werden müssen, oder den Einlass bzw. den Besuch von Beginn an ablehnen.

Wenn das Amt nach Termin kommt, sind in der Wohnung dann drei-vier sachkundige Personen mit anwesend, die die Ämter sofort zu ihren Personalien befragen (Name, Vorname, Dienststelle, Dienstrang) und diese notieren und dann dazu intensiv und ohne großes Rumgefackel befragen, welche belegbaren Verdachtsmomente sie gegen den/die Leistungsbezieherin haben und die sofortige (!) Vorlage dieser Belege an Ort und Stelle verlangen.

Stellt sich heraus - was sich meistens herausstellt - dass gar kein Verdacht vorliegt, weil eh keine Beweise dafür da sind und man also einfach mal so gucken (also schikanieren) wollte, ist das

- Hausfriedensbruch (§ 123 Strafgesetzbuch - StGB)
- Nötigung (§ 240 StGB)
- falsche Verdächtigung (§ 164 StGB

und wenn die Ämter dem/die Leistungsbezieherin gegenüber sogar damit gedroht haben, Leistungen einzustellen, wenn man sie nicht in die Wohnung / ins Haus ließe, dann kommt noch

- Bedrohung (§ 241 StGB) hinzu, mal von
- Rechtsbeugung im Amt (§ 339 StGB) bzw. Beihilfe (§ 27 StGB) dazu ganz abgesehen.

Dann wird sofort und dringend die Polizei gerufen wegen Hausfriedensbruchs (am Telefon nicht groß rumquatschen, sondern nur sagen, dass hier Hausfriedensbruch stattfindet und bitte (!) sofort jemand kommen soll), die Ämter werden von der Polizei der Wohnung/des Hauses verwiesen und es wird sofort Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs, falscher Verdächtigung, Nötigung, Bedrohung, Rechtsbeugung im Amt und ggf. Beihilfe dazu gegen jeden der Ämter persönlich erstattet.

Dies Procedere deshalb, damit das illegale Vorgehen der Ämter amtlich aktenkundig wird - wodurch dann keinerlei weitere Repressalien gegen den/die wehrhaften Betroffenen erfolgen werden, und wenn doch, dann hilft sofort eine Einstweilige Verfügung mit Eilantrag beim zuständigen Verwaltungsgericht. Das Verwaltungsgericht kann aufgrund des somit aktenkundigen Tatbestandes des Hausfriedensbruchs, der Nötigung, falschen Verdächtigung und der Bedrohung sowie der Rechtsbeugung im Amt gar nichts anderes machen als dem Antrag auf Einstweiligen Verfügung statt zu geben.

ALG2 Rechner mit Anleitung

Hier zum Download ein ALG 2 Rechner als Excel-Datei sowie eine PDF-Datei als Anleitung.

Vielen Dank an das Erwerbslosenforum!